INNER // DR. FRANK ZENTLER 
VIEW // GESCHWISTERLIEBE 

 

 

Die Geschwisterliebe-Boutique gibt es seit stolzen zehn Jahren. Somit nimmt sie eine Mammut-Position in der überschaubaren Boutiquen-Welt Stuttgarts ein. Zu Beginn in Samtrot und Gold mit Geweih und Wildtier an den Wänden, etablierte sich die feine Boutique durch einen selektiven Einkauf und viele Einzelstücke. Frank Zentler holte sich Labels wie Pauls Boutique und April 77 nach Stuttgart und brachte nicht nur die Skinny Jeans zurück auf die Stuttgarter Straßen, sondern sorgte mit Pauls Boutique für den langanhaltendsten Hype um knallfarbene Plastiktaschen, den ich je erlebt habe.

 

Zunächst mit Blutsgeschwister-Freundin Tina Haneberg (jetzt Mamaspa) und deren damaliger Geschäftspartnerin, bot die Geschwisterliebe mit einer Bar im Obergeschoss und einer braunen Ledercouch vor der Türe, das, was bisher noch kein Laden in Stuttgart so gemacht hatte. Wohnzimmeratmosphäre. Hier kam man nicht nur zum einkaufen vorbei, hier verweilte man, saß im Schaufenster oder an der Bar im Erdgeschoss und trank auf Kosten des Shops ein paar Bierchen oder flaschenweise „Sekt“. Einfach, weil es Spaß gemacht hat … Öffnungszeiten waren irgendwie auch relativ. Da konnte man vom Shop schon direkt mal in den Club rüber wanken. Weil jeder hier irgendwie was mit dem Nachtleben zu tun hatte, musste man sich auch nicht weiter um die Wochenendpläne bemühen. Die gab es mit Bier und Kleidern einfach so dazu. Gefeiert wurde wild und oft und dabei auch in Kauf genommen, dass Kleider Duftnoten von Alkohol und Nikotin annahmen. Gelebt wurde für den Moment und das intensiv.

 

Die damalige Garde, bestehend aus Dr. Frank Zentler, Dirk Mischke und Uwe Reiser (Love Academy), baute sich schnell ein Standing auf und zelebrierte von nun an nicht mehr nur das Nacht-, sondern auch das Modeleben. Doch wie es eben so kommen kann, vor allem in Stuttgart, wurden Haus und Hof dem Erdboden gleichgemacht und relativ zeitnah auch die ursprünglichen Partnerschaften. So übernahm, nicht allzu lange nach dem Umzug in die Breite Strasse, Frank die alleinige Gesellschafter-Position. Seither hat sich viel verändert. Hier erzählt er, was.

IV: Frank, nach nun mittlerweile zehn Jahren in der Stuttgarter Modewelt, was würdest du sagen: Inwiefern hat sich das Einkaufsverhalten deiner Kunden verändert? Oder hat sich sogar die Kundschaft verändert?

Frank: Ich würde sagen, das Online-Geschäft und die Ausbreitung internationaler Großkonzerne haben den Einzelhandel schon verändert. Vor 10 Jahren konnte man viele Dinge nicht so einfach bekommen, die Preise waren nicht so transparent und gleich, also beides eigentlich gut für den Kunden. Die meist etwas legereren Rückgabe-Bedingungen im Online-Geschäft haben den Einzelhandel schon auch beeinflusst und manchen Kunden dazu verleitet, erstmal zu kaufen, dann zu überlegen oder sogar Dinge lokal im Laden anzuprobieren und dann online zu kaufen, wegen ein paar Euro Preisvorteil. Für manche war der Online-Boom sicher auch ein Segen und sie haben ihre Umsätze steigern können, aber der größte Teil des Kuchens gehört, glaube ich, ein paar großen internationalen Konzernen. Die können da auch unheimlich viel investieren, da sie andere Margen und Preisstrukturen haben, um sich gegenseitig Kunden streitig zu machen und ständig den anderen zu übertreffen. Ich denke wie beim Bäcker um die Ecke, wäre es am Ende schon schade, wenn die Vielfalt des Angebots und das individuelle Verkaufserlebnis verloren gehen würden. Es würde nur noch ein paar große Kaufhäuser, eine Handvoll internationale Modeketten und drei große Internetplattformen geben. In den Innenstädten ist das ja eh schon so – überall gibt es das Gleiche in der entsprechend gleichen CI. Das muss man aber auch sehen wollen und eventuell bereit sein, dafür etwas mehr zu zahlen. Man muss akzeptieren, dass nicht immer Sale sein kann und ggf. auf eine einjährige 100%-Geld-zurück-Garantie verzichten und bewusster einkaufen. Wie bei so machen Dingen heutzutage …

 

IV: Du hast dich entschieden der Geschwisterliebe ein Facelift zu verpassen. Der alte Look wurde lange sehr gehypt und von wichtigen Magazinen in der Textilbranche als äußerst sehenswert geadelt. Wenn man so bekannt ist für einen Look, wie nervös warst Du, als Du den Umbau geplant hast? 

Frank: Geht so, ich war nicht so nervös, dass es nicht gefallen würde. Ich weiß, dass, wenn man sich etwas abseits des Mainstreams bewegt und auch nicht nur an 'praktisch' denkt (mir hatte auch niemand zu einem lila Teppich geraten:)), das Resultat nicht allen gefallen kann. Ich war etwas nervös, weil die Entscheidung letztendlich sehr kurzfristig gefallen ist. In Verbindung mit dem bevorstehenden Jubiläum blieben mir zweieinhalb Wochen um mir Gedanken zu machen und Handwerker zu finden. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem Resultat. Ich freu' mich noch jeden Tag, wenn ich aufschließe, über den neuen, helleren Look und die vielen Möglichkeiten, die der Laden mir jetzt in der Zukunft bietet.

IV: Gibt es bereits Feedback zum neuem Design?

Frank: Ich würde sagen, es ist durchweg positiv (außer die Leute sagen dir was anderes?), aber es dreht auch niemand durch ... Alles gut – ich bin happy damit! Meine Leute zum Glück auch ...

IV:  Wie stehst du persönlich zu dem Konsumverhalten unserer Gesellschaft und wie hältst du es selbst damit?

Frank: Ich bin schon ziemlich beunruhigt, weil das Ausmaß der Gier und die Skrupellosigkeit bei manchen Leuten in der Industrie keine Grenzen kennt. Da werden zum Teil Schäden an Umwelt und Menschen für Geld einfach hingenommen. Ums Überleben geht es ja hier niemandem. Zum Beispiel: Dioxin-Skandal, Ausnutzung von Bauern und Arbeitern in Dritte-Welt-Ländern, Massentierhaltung. Viel wird absichtlich vertuscht und erschreckender Weise kann man auf Politik und Behörden auch hierzulande manchmal nicht mehr hoffen. Lobbyismus wird auch hier immer größer, wir werden nicht oder falsch informiert. Das fordert mutige Bürger und Eigeninitiative, die es leider zu wenig gibt. Die 'Masse' will oft nicht über bestimmte Dinge nachdenken. Unsere Werte, was uns wichtig ist und mit was sich viele Leute beschäftigen, sind verschoben bzw. nicht mehr auf das Wesentliche ausgerichtet. Dabei könnten wir mit unserem Konsumverhalten allein schon so viel verändern, denn den Firmen geht es ja nur ums Geld. Sie würden dann zum Teil einfach die entsprechenden Produkte auf den Markt bringen müssen, um weiter ihren Absatz zu sichern. Ich wünschte mir da mehr Eigeninitiative und mehr Aufklärung und Regelung durch die Verantwortlichen in den entsprechenden Ämtern. Von den Chefs der entsprechenden Firmen natürlich erst recht und an erster Stelle!


 

IV: Lass uns weiter zurückgehen. Vor zehn Jahren und lange davor, kannte man dich vor allem aus dem Stuttgarter Nachtleben. Tür P-Club, die DISCO im Move, Love Academy Member Club und später Gründer des AER Club. Wie war diese Zeit in ein paar Worten für dich?

Frank: Schön! Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und verrückte Partys gefeiert. Sie war abwechslungsreich im Vergleich zu meinem damaligem Studium. Lehrreich, zum Glück auch oft erfolgreich. Was mir viele Optionen bot, viel ermöglichte, aber natürlich auch manchmal anstrengend war. Letztendlich waren die letzten zehn Jahre eine 70-h-Woche.
 

IV: 2013 hast du dich entschieden, dem Nachtleben als Veranstalter zunächst den Rücken zu kehren und dich ausschließlich deiner Familie und der Boutique zu widmen. Würdest du sagen, es gibt den richtigen Augenblick damit Schluss zu machen oder wird es eventuell ein Comeback geben für dich als Gastgeber im Stuttgarter Nachtleben?

Frank: Für mich war es ein guter Zeitpunkt, aus eigenem Willen und zu einer schönen Zeit, 'im Guten' aufzuhören. Hat den Vorteil, dass meine Erinnerungen und Emotionen mit dieser Zeit sehr positiv sind. Ich freu mich immer jemanden aus dem damaligen Team oder auch Gäste zu treffen und gemeinsam mit ihnen in Erinnerungen zu schwelgen. Privat war es auch ein guter Zeitpunkt, meine Frau Jenny und ich waren schon lange zusammen und hatten den Wunsch zu heiraten und Kinder zu bekommen. Auch das hat alles gut geklappt – es kamen sogar gleich zwei, unsere süßen Zwillingsmädchen Sam und Joe. Dann ändert sich schon viel, mit der Umstellung muss man erst mal zurecht kommen, das kostet Energie und die Nächte sind sehr kurz. Nach einer arbeitsreichen Woche mal Mal zehn oder zwölf Stunden durchschlafen war mit den Twins am Anfang nicht möglich. Zudem bin ich natürlich auch älter geworden. Ich würde diese Nächte von damals, glaube ich, nicht mehr so leicht wegstecken. Mein Leben hat sich mehr auf den Tag verlagert. Haha, klingt irgendwie lustig ...?!

 

 

IV: Du hast zunächst Medizin studiert und deinen Doktor gemacht. Wie kommt man dazu, als studierter Mediziner, eine Boutique und einen Club zu gründen?

Frank: Das war einfach eine andere Zeit vor allem in der Klinik damals. Viele junge Ärzte waren total gestresst von den langen Arbeitszeiten, der schlechteren Bezahlung und den Berufsoptionen. Der Arbeits- und Gelddruck des Systems, bei dem das vorrangige Helfen und Mitgefühl unter die Räder kam, hat viele dazu veranlasst, in die Industrie oder ins Ausland zu gehen. Ich habe damals etwas blauäugig gedacht: 'ich schreib erst mal in Ruhe meine Doktorarbeit, schaff am Wochenende nachts und gründe eine Firma'. Da kann man dann natürlich zwölf Stunden am Tag verbringen und wird doch nicht fertig. Aber mir hat es Spaß gemacht und natürlich war alles anders – nicht mehr so früh aufstehen, mit jungen, kreativen Leuten arbeiten, reisen, die Selbstständigkeit (schon früher) … Ich bereue das nicht, ich bin glücklich mit der jetzigen Situation. Es hat sich auch viel geändert: Nach dem europäischen Gerichtsurteil konnte nicht einfach mehr verlangt werden ohne entsprechenden Überstundenausgleich. Die Arbeitszeiten wurden vielerorts reguliert und angepasst, die Aufstiegsmöglichkeiten sind viel besser geworden. Menschen zu helfen ist und bleibt natürlich ein wunderbarer Beruf. Leider muss man sich im jetzigen System zum Teil anstrengen, das überhaupt noch so umzusetzen zu können. Der finanzielle Druck ist auch groß geworden und spielt zum Teil in die Entscheidungsmöglichkeiten mit rein.

IV: Würdest Du es wieder so machen?

Frank: Im gleichen Alter und unter den gleichen Bedingungen: ja. Aber Mode und Gastronomie sind eine Leidenschaft, wie auch die Medizin. Letztendlich habe ich das Hobby zum Beruf gemacht, aber beschäftige mich jetzt immer noch gerne mit medizinischen Themen, zum Beispiel Ernährung oder alternative Medizin.

 


 

 

IV: Du kannst auf vieles zurückblicken. Lässt man da Dinge mehr auf sich zukommen oder hat man erst recht eine Vision von den nächsten „zehn“ Jahren? Wenn ja, welche ist das?

Frank: Vor den Kindern hätte ich gesagt, man muss auf jeden Fall ein Ziel fest vor Augen haben und sich immer wieder neue Ziele setzen. Mit dem nötigen Ehrgeiz und Anstrengung kann man dann eigentlich alles erreichen, was man will. Zum Glück sieht man das Leben, wenn man dann auch Erfolge hat, etwas positiver und das gibt mehr Mut und Hoffnung, dass man etwas erreichen kann und auch auf Rückschläge die richtigen Antworten weiß und sich wieder aufrappeln kann. Wenn man dann mal lange viel gearbeitet hat, wird Freizeit natürlich kostbar und je älter man wird, vor allem wenn man Kinder hat, verschieben sich die Werte. Ich hoffe natürlich, weiter beruflich erfolgreich zu sein. In dem Sinn, dass ich das machen kann, was mir Spaß macht und wir davon leben können. Mein wichtigstes Ziel ist es, dass meine Frau und ich in zehn Jahren weiterhin glücklich sind. Etwas mehr Zeit für uns selber und, dass wir alle gesund bleiben. Dass dies jetzt so ist, dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe bei den Kindern und im Leben gemerkt, dass nicht alles so läuft, wie man es sich vorstellt. Es passieren auch Dinge, die man nicht versteht oder als ungerecht empfindet, obwohl man doch richtig gehandelt hat. Man muss lernen das zu akzeptieren, wegzustecken und sich auf das Positive zu konzentrieren. Uns geht es jetzt gut – wenn man das mal mit der 'Welt' vergleicht – so, so gut! Wir sind gesund und wenn das in zehn Jahren auch noch so ist, dann wäre das toll. Dafür lohnt es sich zu arbeiten. Zurück zum Wesentlichen, die eigenen Ziele so definieren, dass dabei für andere kein Schaden entsteht.

                                                                                                                                                                                                          

 

IV: Du hattest in deiner Karriere auch einige Geschäftspartner. Mit Uwe Reiser hast du lange die Nacht bestimmt und er war gemeinsam mit Dirk Mischke auch zunächst Teilhaber der Boutique. Das Aer hast du 2007 gemeinsam mit deinen Partnern Uwe Reiser, Luigi Aracri und Michael Wilhelmer gegründet. Jetzt gehört dir die Boutique zu 100% allein. Keine Partnerschaften.Würdest du sagen: Geschäftsbeziehungen/Partner sind eine gute Sache?

Frank: Das muss jeder für sich selbst rausfinden. Manchmal kann man zusammen einfach mehr erreichen, manches überhaupt nur mit anderen umsetzen. Manchmal ist man froh, Unterstützung zu haben, eine Hilfe und Rat, wenn man selber nicht weiter weiß. Ich kenne viele Partnerschaften, die schon jahrelang erfolgreich zusammen arbeiten. Das finde ich toll. Ich bin aber auch froh, keine Kompromisse eingehen zu müssen, nach meinem Tempo zu arbeiten und meine Visionen zu verwirklichen. Da spielt vieles mit rein, glaube ich. Der Charakter der Personen, die Lebenssituationen und Ziele der Beteiligten, das Projekt.

IV:  Gibt es jemanden, mit dem du gerne mal kooperieren würdest oder mit dem du gerne Neues gründen würdest?

Frank: Klar! Vor allem, weil ich, jetzt mit Familie, gemerkt habe, dass man nicht überall gleichzeitig sein und sich um alles kümmern kann. Ich bewundere die Arbeitsweise und den Ideenreichtum von einigen Leuten, mach ich aber zum Teil ganz heimlich, die wissen gar nichts von ihrem Glück : ) Mal schauen ...




 

 

IV: Deine ehemaligen Partner Michael und Luigi haben sich nun ohne dich dem Amici angenommen. Erfüllt dich das mit Wehmut oder bist du froh, das Ganze aus der vielleicht komfortableren Gast-Seite ansehen zu können?

Frank: Es erfüllt mich nicht mit Wehmut, weil ich viel von Micha und Luigi halte. Die haben ja enorme Erfahrung und wir hatten gute und lustige Zeiten. Ich denke gerne an den Aer-Club mit ihnen zurück und will eine Zusammenarbeit mit ihnen in Zukunft nicht ausschließen. Was ich aber auch gemerkt habe: Der finanzielle Druck und der Arbeitsaufwand bei einem Projekt in dieser speziellen Größenordnung (inkl. Tagesgeschäft) ist enorm. Das wollte ich mir (und meiner Familie) im Moment nicht zumuten. Man muss seine Grenzen kennen und ich weiß jetzt schon ein bisschen mehr als damals. Wenn ich so viel arbeite, dass ich nicht mehr genug Zeit habe, um den damit verbundenen Erfolg genießen zu können, ist das nicht gut. Gesundheit und Privatleben dürfen nicht aus dem Gleichgewicht kommen. Von dem was ich jetzt habe, hätte ich dafür nichts aufgeben oder riskieren wollen. Ich hatte gerade auch so genug zu tun: Fluxus-Umbau plus Opening, privater Umzug und Umbau und jetzt kürzlich der Umbau des Ladens in der Breite Strasse. Da blieb sogar wenig Zeit bis jetzt als Gast zu kommen! Was ich aber natürlich schon gemacht habe ... : )

 

IV: Wie bekommt man alles auf die Reihe – Unternehmen und Familie? Gibt es eine Weisheit, die du verraten kannst?

Frank:  Die richtige Frau heiraten. Haha :) Ich kenne kaum jemand, der da nicht an seine Grenzen stößt, Firma und Kinder zu vereinen. Vor allem am Anfang, wenn es besonders stressig ist und man sich erst mal in dem neuen Leben zurechtfinden muss. Ich hab in zehn Jahren Nachtleben nicht so wenig geschlafen wie in den zwei Jahren mit den Twins. Das war hart, jetzt habe ich mich ein bisschen daran gewöhnt und die Twins kommen auch nicht mehr ganz so oft. Man wird gelassener, weil man lernen muss, dass man nicht mehr alles wie vorher schaffen kann. Die Werte verschieben sich nochmal ein bisschen. Auf sich selbst gibt man ja oft nicht so acht, aber mit Kindern muss man das dann schon. Den Partner unterstützen, damit man zusammen für sie da sein kann. Das Schlimmste ist dann, dass die Kinder (schwerer) krank werden könnten. Wir haben am Anfang mit sechs Wochen Intensivstation unsere Erfahrung gemacht. Unseren Kindern ging es im Verhältnis zu manch anderen gut. Sie mussten nur noch wachsen, lernen, selbstständig zu atmen, die Temperatur zu halten etc. Da rückt so manches in den Hintergrund. Hauptsache die Kinder sind gesund (die ganze Familie, natürlich)! Ich versuche mein Bestes zu geben, beruflich und privat. Das habe ich als Arzt gelernt. Man wird auch mal jemandem nicht helfen können. Wichtig ist dann zur Verarbeitung, dass man weiß, man hat sein Bestes gegeben. Nach bestem Wissen und Gewissen handeln.

Ich bete mehr. Das ist mir wichtiger geworden, vielleicht weil die Fragen essentieller geworden sind. Ich bin dankbarer für das, was ich habe, und kann deutlicher die ganzen schönen Dinge sehen. Ich freu' mich über 'Kleinigkeiten'. Glückliche, lachende Kinder, gesund zu sein, einen Partner und eine Familie zu haben. Sonnenschein, eine ruhige Nacht, ein bisschen Zeit als Paar, einen Beruf ausüben zu können, der mir Spaß macht und uns ausreichend versorgt. Ein Zuhause, ein bisschen Zeit um Joggen zu gehen, ein Buch zu lesen ... Ich drücke meinen Dank aus, weil ich weiß, dass ich viel, eigentlich alles habe, was ich brauche! Das ist wahrscheinlich die große Kunst: Im Jetzt glücklich zu sein, ohne sich noch das und das zu wünschen. Oft merkt man dann erst später, wie gut es einem ging und wie viel Zeit man eigentlich hatte. Vor allem wie viel Zeit man mit Unwichtigem und unsinnigen Sorgen verbracht hat.

IV: Von der Medizin zum Nachtleben und dem Nachtleben in den Einzelhandel. Könntest du dir vorstellen alles nochmal umzuwerfen oder magst du es genau wie es ist?

Frank: 

Könnte ich, ja! Aber mein Herz schlägt immer noch für die Mode und meine Arbeit macht mir viel Spaß. Mode, mit anderen kreativen, coolen und netten Leuten zu arbeiten, das Reisen, die Arbeitszeiten. 6.30 Uhr anfangen war sehr schwer für mich :) 6.30 Uhr nach Hause leicht :) Ich mag die Gastronomie noch immer, aber in dem Umfang wie damals könnte ich das nicht mehr machen. Zumindest nicht mehr in der Position des verantwortlichen Geschäftsführers oder Inhabers. Vielleicht in einer Beteiligungen oder ähnliches. So ein paar Ideen und Vorlieben hab' ich schon noch. Das ist im Moment alles wegen den Kindern zurückgestellt. Wenn die mal aus dem Gröbsten raus sind, schlafen wir erst mal zwei Jahre :) Dann kann ich mich mal in Ruhe mit meiner Frau zusammensetzen und schauen, was sie machen will, was für Optionen es für uns gibt etc. Vielleicht will ich dann auch nur noch meine Ruhe haben. Im Moment bin ich aber ziemlich ausgelastet als Papa und Selbstständiger. Auch 'nur' mit einer Firma. Oft bin ich einfach froh, wenn ich das alles unter einen Hut bekomme.

 

IV: Danke Frank, für Deine Zeit!